Friedensmail vom 26.02.2019 (11:26:09)

Zu Beginn zwei kontroverse Stimmen:

Der Partner sitzt im Osten – Europa sollte eine Reform der NATO
anstreben und Frieden mit Russland suchen. – Von Erhard Eppler
https://www.ipg-journal.de/rubriken/aussen-und-sicherheitspolitik/artikel/der-partner-sitzt-im-osten-3276/

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| Die Losung „America first!“ gilt offenbar nicht nur für die
| Handelspolitik, sondern auch für die Außenpolitik. Ein Bündnis wie die
| NATO hat für Trump nur dann einen Sinn, wenn die Bündnispartner für den
| Schutz, den sie erhoffen und erwarten, mit Gehorsam bezahlen. Wenn die
| USA den Iran zur Kapitulation zwingen, sein Regime stürzen wollen, dann
| haben die Bündnispartner dabei zu helfen, ob sie dies für richtig oder
| für ganz falsch halten. Notfalls darf sogar der Botschafter der USA
| deutschen Geschäftsleuten direkt sagen, was sie zu tun und zu lassen
| haben. Die NATO, zu der sich einst die Länder zusammenschlossen, die um
| ihre Freiheit bangten, wird zur unangefochtenen Einflusszone der
| Weltmacht Nummer 1, wobei dieser Weltmacht Nummer 1 überlassen bleibt,
| welche Methoden sie anwendet, um Gehorsam zu erzwingen. …
|
| Für einen Donald Trump gibt es in der Politik nichts gratis. Wer Schutz
| will, muss mit Gehorsam bezahlen. Wenn die Europäer zu dem Ergebnis
| kommen, so habe man nicht gewettet, dann müssen sie versuchen, ihr
| Verhältnis zu dem Staat zu verbessern, vor dem sich viele – keineswegs
| alle – Europäer fürchten: Russland. Manche Mitglieder der Europäischen
| Union pflegen traditionell gute Beziehungen zu Russland, unabhängig von
| dem, was man die Außenbeziehungen der Europäischen Union nennen
| könnte. Sollen sie zu einer Partnerschaft zuerst einmal auf dem Gebiet
| der Wirtschaft ausgebaut werden, müssen Frankreich, Deutschland und wohl
| auch Italien und Spanien mitspielen. Und die skeptischen Länder, zumal
| Polen, müssen davon profitieren. …
|
| Die Mitgliedschaft in der NATO lässt sich damit vereinbaren – wenn die
| USA aufhören, die NATO als ihr Herrschaftsgebiet zu
| behandeln. Jedenfalls sollte Europa den NATO-Vertrag nicht kündigen,
| sondern eine NATO-Reform anstreben, mit zwei gleichberechtigten
| Pfeilern, einem amerikanischen, einem europäischen.
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Will Germany Permit Joint European Security?
Feb 22, 2019 JOSCHKA FISCHER
https://www.project-syndicate.org/commentary/germany-joint-eu-defense-by-joschka-fischer-2019-02

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| Nur zwei Jahre nach der Wahl von Trump sehen sich die Europäer im
| eisigen Wind der internationalen Politik alleine und fragen sich zu
| Recht, was zu tun ist. Es liegt nahe, dass Europa seine internen
| Bindungen vertiefen, Reihen schließen und seine militärischen
| Kapazitäten stärken muss. …
|
| In der Tat bevorzugen die meisten Europäer eine stärkere, stärkere EU
| mit einer gemeinsamen Sicherheitspolitik.
|
| Die große Ausnahme ist Deutschland. Als wirtschaftlicher Motor der EU
| und bevölkerungsreichster Mitgliedstaat kann es keine gemeinsame
| Sicherheitspolitik ohne das Land geben, das im Herzen Europas liegt. Es
| ist jedoch eine offene Frage, ob es überhaupt möglich ist, mit deutscher
| Beteiligung eine gemeinsame europäische Sicherheit zu erreichen. …
|
| Heute darf nicht übersehen werden, dass eine gemeinsame
| Sicherheitspolitik einen Kompromiss zwischen Deutschland und Frankreich,
| den beiden größten und mächtigsten Mitgliedstaaten, erfordert. Ein
| solcher Kompromiss wird nicht leicht zu erreichen sein. Die politischen
| Mentalitäten, historischen Erzählungen und geopolitischen Interessen der
| beiden Länder sind einfach zu weit voneinander entfernt und in vielen
| Fällen diametral entgegengesetzt. Aufgrund seiner besonderen Geschichte
| ist Deutschland jedoch das größere Hindernis, auch wenn seine offizielle
| Rhetorik etwas anderes vermuten lässt. …
|
| Mit der Abkehr von der Machtpolitik im Jahr 1945 wurden die Deutschen
| links und rechts zu Pazifisten. Und bis heute sind viele Deutsche trotz
| jahrzehntelanger europäischer Integration und NATO-Mitgliedschaft
| nachdrücklich und emotional zur Neutralität verpflichtet. …
|
| Die Deutschen befinden sich derzeit in einer intensiven Debatte über
| Verteidigungsausgaben, die bis 2024 auf 2% des BIP steigen müssen, um
| die NATO-Verpflichtungen des Landes zu erfüllen. Angesichts der
| absehbaren geopolitischen Risiken am Horizont müssten die deutschen
| Verteidigungsausgaben ohne eine gemeinsame EU-Sicherheitspolitik noch
| höher steigen, um den Abzug der USA aus Europa zu kompensieren.
|
| Unnötig zu erwähnen, dass die Aufrüstung Deutschlands allein viele
| Fragen und historische Bedenken aufwirft. Eine Aufrüstung mit und für
| Europa und die NATO wäre jedoch eine völlig andere Sache. Auf die eine
| oder andere Weise muss Europa stärker werden. Es ist in jedermanns
| Interesse, dass sich Deutschland in diesem Prozess produktiv engagiert.
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The New Containment – Handling Russia, China, and Iran
https://www.foreignaffairs.com/articles/china/2019-02-12/new-containment

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| The quarter century following the Cold War was the most peaceful in
| modern history. The world’s strongest powers did not fight one another
| or even think much about doing so. They did not, on the whole, prepare
| for war, anticipate war, or conduct negotiations and political maneuvers
| with the prospect of war looming in the background. As U.S. global
| military hegemony persisted, the possibility of developed nations
| fighting one another seemed ever more remote.
|
| Then history began to change course. In the last several years, three
| powers have launched active efforts to revise security arrangements in
| their respective regions. Russia has invaded Crimea and other parts of
| Ukraine and has tried covertly to destabilize European
| democracies. China has built artificial island fortresses in
| international waters, claimed vast swaths of the western Pacific, and
| moved to organize Eurasia economically in ways favorable to Beijing. And
| the Islamic Republic of Iran has expanded its influence over much of
| Iraq, Lebanon, Syria, and Yemen and is pursuing nuclear weapons. …
|
| The prospect of a twenty-first-century triple containment strategy
| raises several questions. Since the United States is already doing much
| of what is required, how much change in American foreign policy is
| needed? Is it necessary or feasible to confront all three revisionist
| powers at once? And how does all this end? …
|
| All coalitions encounter free-rider problems, and the dominant members
| usually pay more than their fair share of the costs involved. So it will
| be with the new containment. The imbalance will be most glaring in
| Europe, where a tradition of letting Washington carry much of the burden
| of collective defense has persisted for too long; it originated when
| U.S. allies were weak and poor but continued even after they became
| strong and rich. During the Cold War, every American president tried,
| without much success, to get European countries to pay more for NATO,
| but none pushed the issue hard because the priority was to maintain a
| common front against the Soviet threat. There may be a lower tolerance
| for such free-riding today, as U.S. President Donald Trump’s comments
| make clear.
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Aber leider sieht es so aus, bedauert der Autor, dass nicht nur manche
Europäer, sondern auch die US-Amerikaner keine Lust zu politischen
Spannungen, gar Kriegen haben…

Ödipale Transatlantiker – Michael Lüders |
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/oedipale-transatlantiker

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| Europäische und deutsche Politik werden lernen müssen, sich neu zu
| erfinden. Bei aller berechtigten Kritik an der russischen Regierung:
| Russland ist und bleibt unser Nachbar. Im Kräftefeld zwischen den USA
| hier, Russland und China dort wäre Europa schlecht beraten, sich
| einseitig auf die Seite einer erratischen und irrationalen US-Führung zu
| stellen. Was wir brauchen, ist eine neue Ostpolitik, die bereit ist zu
| Deals und Kompromissen, auf der Grundlage wohlverstandener
| Eigeninteressen. Alle Umfragen belegen, dass die Mehrheit der Deutschen
| den Konfrontationskurs der politischen und medialen Eliten gegenüber
| Moskau nicht mitträgt.
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Verträge der Bundeswehr verbieten ihr das Reparieren von Waffen …
https://www.heise.de/tp/features/Vertraege-der-Bundeswehr-verbieten-ihr-das-Reparieren-von-Waffen-4317035.html

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| … und teilweise sogar das Zuschauen dabei
|
| Einer Antwort des deutschen Bundesverteidigungsministeriums auf eine
| Kleine Anfrage der Linksfraktion zufolge hat sich die Bundeswehr auf
| Selbstreparaturverzichtserklärungen eingelassen, die inzwischen über ein
| Drittel ihrer insgesamt 53 Hauptwaffensysteme betreffen. Unter den 20
| Waffensystemen, die die Soldaten und Bundeswehrangestellten nicht mehr
| selbst reparieren dürfen, sind neben dem umstrittenen Eurofighter und
| der Fregatte F125 auch Hubschrauber und Panzer.
|
| Bei 13 dieser Waffensysteme konnten die Hersteller sogar durchsetzen,
| dass Bundeswehr-Mechaniker bei der Reparatur nicht einmal zuschauen
| dürfen. Damit soll ausgeschlossen werden, dass sie Kenntnisse erwerben,
| mit denen sie Fehler später einmal selbst beheben können.
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Manche Satire kann man nicht erfinden.

Thorsten Benner (GPPI): Gegen das Geschwurbel
https://www.gppi.net/2019/02/22/gegen-das-geschwurbel

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| Es war im Mai 2010, als Bundespräsident Horst Köhler ein
| Hörfunkinterview zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr gab. Er
| argumentierte, dass Deutschland als „ein Land unserer Größe mit dieser
| Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch
| wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz
| notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren“, es gehe darum, freie
| Handelswege zu sichern und regionale Instabilitäten zu verhindern – und
| damit letztlich in Deutschland Arbeitsplätze und Einkommen zu
| sichern. Hoffnungsfroh fügte er hinzu: „Alles das soll diskutiert werden
| und ich glaube, wir sind auf einem nicht so schlechten Weg.“ Köhler
| sollte schnell eines Besseren belehrt werden.
|
| Statt nüchterner Diskussion hagelte es maßlose Kritik. Der
| Bundespräsident verfolge „Wirtschaftskriege“, rede einem
| „Verfassungsbruch“ das Wort. Ein Staatsrechtler erkannte einen
| „imperialen Zungenschlag“, ähnlich den Argumenten zur Verteidigung der
| englischen Seeherrschaft im 19. Jahrhundert. Dass Köhler danach
| beleidigt seinen Posten im Schloss Bellevue räumte, war die Überreaktion
| eines politisch überforderten Präsidenten. Aber die Episode dokumentiert
| auch die Unreife der deutschen außenpolitischen Diskussion.
|
| Köhler hatte ein simples, wenn auch krude formuliertes Argument zur
| außenpolitischen Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen
| vorgebracht. Für seinen Nachfolger Joachim Gauck war die Lehre klar. In
| seiner wichtigsten außenpolitischen Rede, vor fünf Jahren bei der
| Münchner Sicherheitskonferenz, stellte er den Weichspüler-Begriff
| „Verantwortung“ ins Zentrum. „Mehr Verantwortung“ müsse Deutschland in
| der Welt bernehmen. Der damalige Außenminister Frank-Walter Steinmeier
| und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen stimmten in den
| Verantwortungschor ein. Seitdem ist „mehr Verantwortung“ zum
| Goldstandard der außenpolitischen Diskussion geworden.
|
| Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel, die 2014 klare Distanz zu Gaucks
| Verantwortungshymne gehalten hatte, forderte Deutschland in ihrer
| Neujahrsansprache 2019 auf, „im eigenen Interesse mehr Verantwortung zu
| übernehmen“.
|
| Verantwortung klingt nobel. Keiner wird einem vorwerfen, mit imperialem
| Zungenschlag zu sprechen oder krude Machtpolitik zu
| betreiben. Verantwortung ist zum Universal-Schwurbelkleister der
| deutschen Außenpolitik avanciert. Man bedient sich des Begriffs und
| verbreitet eine diffuse Wohligkeit inmitten weltpolitischer Turbulenzen
| – und kann so wunderbar die unangenehmen Fragen nach schwierigen
| Abwägungen zwischen konkurrierenden Interessen und der Suche nach den
| richtigen Instrumenten übertünchen. Wir sollten uns deshalb vom Begriff
| „Verantwortung“ verabschieden und stattdessen offen ringen: um
| widerstreitende Interessen und Mittel zu ihrer Durchsetzung.
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Schaut man sich die Beispiele an, an denen Benner seine Forderung zeigen
will, fällt auf, dass er den ausschließlichen Gebrauch des Wortes von
der Verantwortung in der politischen Sprache – es geht um militärische
Einsätze – nur einmal kurz im Blick hat, Afghanistan, und ihm dazu so
gut wie nichts einfällt. In seinen anderen Beispielen taucht im Jargon
der Außenpolitikmacher das Wort „Verantwortung“ höchstens versehentlich
mal auf. Würde dort mit „widerstreitenden Interessen und Mitteln zu
ihrer Durchsetzung“ argumentiert, würde sich nichts ändern, denn das
geschieht schon, nur das Label „…“ ist noch nicht drauf geklebt. Also
alles daneben.

Was die „Verantwortung“ dagegen tatsächlich sowohl problematisch macht
als auch unverzichtbar, ist der Zusammenhang von „Neuer Macht“ und
„Neuer Verantwortung“, wie ihn die bekannte Denkschrift formuliert hat:
Deutschland habe in den letzten Jahren mehr Macht bekommen, die USA
zögen sich ja zurück, deshalb müsse Deutschland eine Politik fahren, die
ein Mehr an Macht in ein Mehr an Gestaltung umsetzt, auch mit
militärischen Mitteln. „Verantwortung“ ist hier nur ein anderes Wort für
militärische Einsätze, für Beteiligung an Kriegen. – Angesichts der
bekannten Unlust der Deutschen, sich weltweit an Kriegen zu beteiligen,
muss das anders eingemantelt werden, zur moralischen Tat werden. Es wird
genau deshalb eine Kleistersprache benötigt, um durchzusetzen, was der
Wähler nicht will. Und weil dieser Unwille bleiben wird, wird auch diese
Schwurbelsprache weiter benötigt werden. Ob es Benner gefällt oder auch
nicht.

Südafrika hat heute den #Atomwaffen|verbotsvertrag ratifiziert.
https://twitter.com/atomwaffenfrei/status/1100096720837464064

Marburg ist die dritte Stadt, die den ICAN-#Städteappell unterzeichnet.
https://twitter.com/ican_de/status/1100079497620213764

Nato in der Ostsee
http://www.kn-online.de/Nachrichten/Schleswig-Holstein/Ein-Nato-Verband-startet-mit-Uebungen-in-der-Ostsee-und-besucht-Deutschland

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| Die 156 Meter lange „Gravely“ hat rund 300 Soldaten an Bord und kann
| mit bis zu 96 Flugkörpern ausgerüstet werden. Die Bewaffnung umfasst
| auch moderne Marschflugkörper vom Typ Tomahawk sowie weitreichende
| Luftabwehr-Flugkörper des Typs SM2 für den Einsatz gegen Flugzeuge.
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Das Seebataillon freut sich auf das Baltops-Manöver
https://twitter.com/Seebataillon/status/1099987319061397504 Denn dort
kann geübt werden, von See aus sich an Land zu kämpfen: Eine
D-Day-Operation für das Baltikum, so wird gesagt. Oder vielleicht auch
für die Oblast Kaliningrad?

https://www.facebook.com/Bundeswehr.SchleswigHolstein/posts/1315977905222726

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| Winterkampfausbildung in Norwegen: Seit einigen Wochen trainiert das
| Seebataillon im Norden Norwegens gemeinsam mit dem niederländischen
| Korps Mariniers. Zuletzt stand eine ganz besondere Herausforderung auf
| dem Übungsplan – das selbstständige Befreien nach einem Einbruch ins Eis
| … /Helge
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Fleißig sind sie ja…

Aus dem ISPK
https://twitter.com/SeapowerSeries/status/1099972941364842496