„Sarmatische Freak-Kämpfe oder wie wir die Erste Republik Polen
instrumentalisieren“
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Der Text ist Teil einer Textreihe:
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| Um ehrgeizige Ziele zu erreichen, müssen wir eine Vision für die
| Entwicklung Polens formulieren, die Generationen und nicht Amtsperioden
| umfasst. Wir erleben die Erschöpfung der aktuellen Formel der Dritten
| Polnischen Republik. Wir brauchen neue Modernisierungsenergie, um die
| bevorstehenden Herausforderungen zu meistern. Diese Vision ist eine
| nichtimperiale Macht. Begleiten Sie uns!
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| (Frage:) Marek Budzisz fordert in Strategic Solitude die Schaffung einer
| mitteleuropäischen politischen Gemeinschaft mit der Ukraine. Rafał
| Ziemkiewicz in Großpolen schreibt, dass wir in unserer Region zu einer
| geopolitischen Situation direkt aus dem 16. Jahrhundert zurückkehren, in
| der Polen eine Macht war. Wie reagieren Sie als Liebhaber der Ersten
| Polnischen Republik, der oft auf Journalismus verzichtet, auf solche
| Geschichten?
|
| Darek Rybacki: Zweifellos sind Verweise auf die Erste Polnische Republik
| nach dem Ausbruch der umfassenden russischen Invasion in der Ukraine
| wieder in Mode gekommen. Ich nähere mich ihnen auf zwei
| Arten. Einerseits ist es ganz natürlich, dass wir uns als Polen auf
| unser kulturelles Erbe berufen. Andererseits gibt es ein vereinfachtes
| Bild, dass die Erste Polnische Republik unser einziges Erbe
| ist. Manchmal steckt in diesen Referenzen ein versteckter
| Imperialismus. Inzwischen war die Erste Polnische Republik nicht nur
| ethnisch polnisch.
|
| Historisch gesehen waren wir vielleicht der wichtigste Teil des
| polnisch-litauischen Commonwealth, aber sicherlich nicht der
| einzige. Die heutige Situation sollte genutzt werden, um die Erinnerung
| an die Erste Polnische Republik zu entpol(onis)ieren, d. h. um beispielsweise
| der weißrussischen Opposition oder den Ukrainern eine Stimme zu geben,
| die den gemeinsamen Teil unserer Geschichte immer wohlwollender
| betrachten. Für die Polen selbst ist es eine große Aufgabe, die alten
| Konzepte der Promethean-Bewegung[1] und von Giedroyc[2] in einem neuen Kontext
| neu zu erzählen. ...
|
| Das ehemalige polnisch-litauische Commonwealth verlangt, dass wir ihm
| historische Gerechtigkeit widerfahren lassen. Geopolitische Projekte,
| die im Geiste der Ersten Polnischen Republik entstanden sind, sind
| wichtig, können aber viel nachhaltiger sein, wenn sie auf historischem
| Realismus und nicht nur auf nationalen Mythen basieren.
|
| Obwohl auch Mythen wichtig sind, werden heute vielleicht Geschichten
| über das gemeinsame Erbe Polens, Litauens, Weißrusslands und der Ukraine
| an Bedeutung gewinnen. ...
|
| Schauen Sie sich das Beispiel Weißrussland und der Ukraine an. Diese
| Nationen entwickelten keine starke hochkulturelle Alternative zu Polen,
| als moderne Nationen die Arena der Geschichte betraten. Die Folge dieser
| Sachlage war, dass Ukrainer und Weißrussen dem Einfluss der russischen
| Kolonisierung weniger widerstanden. Warum sucht die belarussische
| Opposition heute ihre Identität im ehemaligen polnisch-litauischen
| Commonwealth? Gerade weil es seine nationale Identität in der oben
| erwähnten Adels- und Kulturdistanz zum russischen Imperialismus festigen
| will.
Es geht jetzt schon darum, sich auf die Zeit nach dem Ende des Kriegs
vorzubereiten. Wie immer er militärisch ausgeht, die Ukraine ein
schwacher Staat mit schwacher Wirtschaft sein. Da trifft es sich, dass
es alte, uralte Verbindungen, gar staatliche Gemeinsamkeiten Polens mit
diesen Gegenden gibt, die alte polnisch-litauische Rzeczpospolita
https://de.wikipedia.org/wiki/Rzeczpospolita. Und obendrein gibt es ein
politisches Konzept aus der Zeit der Zweiten Republik, dieses
spätmittelalterliche/neuzeitliche Reich im Bündnis mit Deutschland gegen
Russland wieder zu beleben.
Diese Dinge müssen reaktiviert werden: Bündnisangebote an die
entsprechenden politischen Bewegungen der Ukraine und von Belarus, auch
an die baltischen Staaten, um ein multinationales politisches Gebilde
herzustellen, das Russland weit nach Osten zurückdrängt. Polen muss sich
dabei gegenüber den kulturellen Besonderheiten der verschiedenen anderen
Nationen, die in die neue Rzeczpospolita einbezogen werden sollen,
zurückhalten, es geht nicht um ein polnisches Großreich, sondern um ein
großes Reich, in dem Polen die Führung hat. – In diesem Text wird
Deutschland nicht erwähnt, es dürfte aber entweder Konkurrent um den
Einfluss in Osteuropa sein oder aber einen Platz als Hilfe für das neue
polnische Reich zugewiesen bekommen.
Fußnote(n)
[1] Zum Inhalt der Prometheus-Bewegung nach 1918:
https://de.wikibrief.org/wiki/Prometheism. Einfach gesagt: Wie kriegt
Polen Osteuropa unter Ausnutzung der diversen Nationalismen unter seine
Herrschaft?
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Jerzy_Giedroyc: „Im Gegensatz zu der
Meinung der Mehrheit polnischer Emigranten im Westen propagierte er die
Idee, dass gute Beziehungen Polens zu Litauen, Ukraine und Weißrussland
der Freiheit Polens dienen.““
Man hat in Polen Deutschland und die Ukraine weiter im Blick. Eine
Mitarbeiterin des OSW (https://www.osw.waw.pl/pl, vergleichbar mit der
deutschen „Stiftung Wissenschaft und Politik“ (SWP) schreibt:
„Anna Kwiatkowska: Zeitenwende oder wie die Ukraine zu einem neuen
Russland für Deutschland wird“
https://www.rp.pl/opinie-polityczno-spoleczne/art39165361-anna-kwiatkowska-zeitenwende-czyli-jak-ukraina-staje-sie-dla-niemiec-nowa-rosja
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| Als Reaktion auf den Ausbruch eines umfassenden Krieges am 24. Februar
| 2022, der das Scheitern des deutschen Plans A deutlich machte, kündigte
| Bundeskanzler Scholz beispiellose Entscheidungen über Änderungen in der
| deutschen Innen- und Außenpolitik an. Nach dem ersten Jahr der „neuen
| Ära“ kann man durchaus sagen, dass in Deutschland ein Mentalitätswandel
| stattgefunden hat, aber auch spürbare, radikale Reformen in ausgewählten
| Bereichen. Beides fand jedoch nur in den Bereichen statt, die als
| unverzichtbar definiert wurden, und eine unterlassene Neuorientierung
| würde die Sicherheit des Staates und der Bürger gefährden. …
|
| Wir werden jedoch keine grundlegende Entwicklung der Mentalität
| feststellen, auch nicht in Bezug auf die Abrechnung mit der aktuellen
| Politik und die Verfolgung und Bestrafung derjenigen, die zum Beispiel
Bestrafung!!
| dafür verantwortlich sind, dass sie unter dem Diktat – oder zumindest
| unter dem Einfluss – von Gazprom geschaffen wurden. Auch Investitionen
| in den Wiederaufbau der Bundeswehr unmittelbar nach der Abwehr des
| feindlichen Angriffs durch die Ukrainer in den ersten Wochen der
| russischen Invasion wurden nicht mehr als entscheidend und notwendig
| angesehen. …
Stimmt. In Deutschland hat es trotz mancher Bestrebungen noch keinen
Mentalitätswandel zu einem antirussischen Nationalismus gegeben, der
Deutschland mit den Osteuropäern kompatibel machen würde, trotz aller
Versuche mancher politischer Kräfte und mancher Massenmedien.
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| Es ist schwer, sich des Eindrucks zu erwehren, dass Deutschland den
| Ländern Mittel- und Osteuropas weiterhin bestenfalls „Fürsorge“ und
| möglicherweise „Hilfe“ bei der Vertretung ihrer Interessen anbietet,
| anstatt einen gleichberechtigten, partnerschaftlichen Ansatz zu
| verfolgen. …
|
| Das Projekt der Zeitenwende, verstanden als Modernisierung Deutschlands
| und Stärkung seiner wirtschaftlichen und politischen Macht, kann auch
| den Wiederaufbau der Ukraine und den Aufbau einer Art strategischer
| Partnerschaft mit ihr umfassen. Kurzfristig wird Berlin Kiew mit seiner
| regulären Methode der Entwicklungshilfe in der ganzen Welt
| unterstützen. Das Win-Win-Prinzip, nach dem sowohl die Empfängerstaaten
| als auch deutsche Unternehmen davon profitieren, würde nicht nur der
| Ukraine zugute kommen, sondern auch Deutschland, das angesichts der
| Ungeheuerlichkeit des Unterfangens – es geht ja um den Wiederaufbau des
| Staates – einen starken Entwicklungsschub erhält.
|
| Langfristig könnte dieser „ukrainische“ Impuls für viele deutsche
| Unternehmen ihre Träume von einem „russischen“ Impuls, d.h. das
| mythische Potenzial des russischen Marktes, ersetzen. In diesem Sinne
| könnte die Ukraine für Deutschland zu einem „neuen Russland“ werden
| (nicht zu verwechseln mit Putins Traum von Neurussland), mit dem die
| Zusammenarbeit ihm die Vorteile verschaffen wird, die die angebliche
| energetische Interdependenz und Zusammenarbeit mit der Russischen
| Föderation – und noch mehr – brachte und geben sollte. Die Ukraine wird
| sich wahrscheinlich bereitwillig – weil zu ihrem eigenen Vorteil –
| verpflichten, eine wichtige Rolle bei der Stärkung der politischen und
| wirtschaftlichen Bedeutung Deutschlands zu spielen.
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Polen ist wie es selbst weiß, politisch und wirtschaftlich noch nicht
stark genug, um nach dem Krieg die Wirtschaft der Ukraine bestimmend
entwickeln zu können. Die USA lässt dieser Text außer acht, er
befürchtet, dass Deutschland Polen dann in der Ukraine abhängen
wird. Die alt-neuen Pläne Polens, in Osteuropa die Vorherrschaft zu
gewinnen, wären – wieder einmal – gefährdet.
Amerikanisches Freudentänzchen.
https://twitter.com/BillKristol/status/1705616187105653168
https://twitter.com/rochowanski/status/1705958792091914429
https://www.youtube.com/watch?v=ok2OdI5Zs6A
Die Ukrainer müssten sich doch verhöhnt vorkommen. Oder?