Eugen Drewermann: Rede gegen den Krieg
https://www.youtube.com/watch?v=0yUMuRiqiOY
Muss man gesehen haben.
„Putin vergleicht seine Politik mit Eroberungen Peters des Großen
Das „Zurückholen und die Stärkung“ sei auch heute Aufgabe der
Verantwortlichen in Russland, sagte der Kreml-Chef.“
https://www.berliner-zeitung.de/news/wladimir-putin-vergleicht-seine-politik-mit-eroberungen-peters-des-grossen-li.234843
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| Das „Zurückholen und die Stärkung“ sei auch heute Aufgabe der
| Verantwortlichen in Russland, führte der Kreml-Chef, offenbar in
| Anspielung auf die Offensive in der Ukraine, aus. „Ja, es hat Zeiten in
| der Geschichte unseres Landes gegeben, in denen wir gezwungen waren, uns
| zurückzuziehen – aber nur, um unsere Stärke wiederzuerlangen und nach
| vorne zu gehen.“
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Die russische Politik vollzieht momentan eine massive Wende. Vor dem
Krieg konnte man noch sagen, dass es Russland darum ging, an einem
Gemeinsamen Europa der KSZE, der Charta von Paris, der
Nato-Russland-Grundakte von 1997 gleichberechtigt teilzunehmen. Jene,
die damals im Gegenteil behaupteten, es ginge Russland um die Ausdehnung
seines Einflussbereichs, hatten damals die Schwierigkeit, solche
Ausdehnungen oder auch nur solche Absichten empirisch zu belegen. Man
las es in die Handlungen und in die Texte hinein, um es dann mit Triumph
herauszulesen.
Noch in der ersten Phase des Krieges schien sich diese Haltung nicht
verändert zu haben: Russlands bekanntgegebene Kriegsziele beinhalteten
zwar ein RegimeChange in der Ukraine, aber keine territorialen
Veränderungen. Die Möglichkeit einer Rückkehr in die europäischen
Systeme sollte wohl offen bleiben.
Der Vergleich mit Peter dem Großen – vielleicht nur durchgeknallte Rede
des Moments, vermutlich aber als Programm zu lesen – begleitet die
russische Praxis in den eroberten/befreiten – je nach Gusto – Gebieten
zwischen der Krim und den „Volksrepubliken“: Dort wird das innere Leben
nach Russland hin ausgerichtet, von der Währung bis hin zu angekündigten
Volksentscheiden zum Anschluss an Russland.
Die Ziele der ersten Phase des Kriegs wurden nicht erreicht, nun
scheinen neue Ziele an deren Stelle zu treten: Der Anschluss der
(irgendwie) russisch aussehenden Teile der Ukraine an Russland. Man
könnte an die Krim und die ukrainischen Bezirke Cherson, Saporischje,
Donezk, Luhansk und womöglich auch Mikolajew und Odessa denken, oder
irgendeine westliche Linie innerhalb dieser Bezirke.
Eine Friedensregelung wie die italienische
(s. https://friedenslage.blogspot.com/2022/06/friedenslage-am-07062022-173623.html)
ist dann natürlich nicht mehr möglich. Es ist überhaupt kein
Friedensvertrag mehr möglich, der irgendwie an die Regelungen der Zeit
nach 1990 anschließt. Frieden wäre dann nur in der Weise möglich, dass
Russland zu einem bestimmten Zeitpunkt sagt: „Wir haben aktuell unsere
territorialen Ziele erreicht, nun hören wir mit dem Kämpfen auf, und Ihr
in Kiew solltet das auch tun und ihr im Westen solltet nun auch bald
Ruhe geben und Euch an die neuen Verhältnisse gewöhnen!“ Das wäre ein
Frieden ohne Vertrag, ohne völkerrechtliche Besiegelung, ein Frieden
also, der jederzeit wieder neu ausbrechen kann.
Moskau würde sich mit solch einer Politik aus allen bisherigen
Regelungen verabschieden. (Momentan verlässt es auch den Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte,
https://www.tagesspiegel.de/politik/nach-ausschluss-aus-dem-europarat-russland-tritt-aus-europaeischem-gerichtshof-fuer-menschenrechte-aus/28406820.html)
Es wäre eine Wende zu einer Politik, wie sie der russische Politologe
Karaganow
(https://friedenslage.blogspot.com/2022/02/karaganow-friedenslage-am-28022022.html)
ungefähr so skizziert hat: Der Westen hat jahrzehntelang mit uns
gemacht, was er wollte, von nun an interessiert uns nicht mehr, was man
im Westen über uns denkt. Wir machen, was wir wollen, Schluss, aus,
basta! Putin hatte 2007 auf der Münchener Sicherheitskonferenz den
Westen noch vor solche einem russischen Weg gewarnt
http://www.ag-friedensforschung.de/themen/Sicherheitskonferenz/2007-putin.html,
der Westen hatte 15 Jahre Zeit, sich damit auseinander zu setzen, er hat
nicht gewollt, nun kommt die russische Reaktion. Schluss, aus, basta!
Folge: Wir haben es in Zukunft nicht mehr nur mit einer Seite zu tun,
die den Anforderungen der Zeit nicht gerecht wird, sondern mit zwei
Seiten.
Zwei alte Artikel aus dem SPIEGEL. Gehören in jedes Archiv:
https://www.spiegel.de/politik/ausland/kampf-um-die-ukraine-schachspiel-im-minenfeld-a-954527.html
Die Presse verstand mal besser, was dort stattfindet.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/ukraine-putins-schwerste-entscheidung-a-955408.html
Und in der Politik konnte man auch im Westen ahnen, wie die Sache weiter
geht.
Zum aktuellen Kriegsverlauf
https://www.focus.de/politik/ausland/kriegsverlauf-in-der-ukraine-im-ticker-ukrainischer-generalstab-gesteht-niederlage-in-sjewjerodonezk-ein_id_52139887.html
Eine Sammlung von Texten aus der SWP
https://www.swp-berlin.org/themen/dossiers/russlands-krieg-gegen-die-ukraine