Unwissen als Simulation von Wissenschaft.
„Sicherheitspolitik 2.0 im Kommunikationsraum
Eine wertebasierte wehrhafte Demokratie braucht eine wehrhafte
wertebasierte Kommunikation“
https://www.kas.de/documents/252038/11055681/Sicherheitspolitik+2.0+im+Kommunikationsraum.pdf/0508aa00-4d13-9f78-72c9-5a24ffe754d8
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| In der Gerasimov-Doktrin wird dargelegt, wie asymmetrische Konflikte
| althergebrachte Grenzen zwischen Krieg und Frieden auflösen, wie
| zirkulierende Botschaften und Informationen Staaten kollabieren lassen
| können und wie geschicktes Agieren im Kommunikationsraum militärische
| Mittel zur Durchsetzung eigener Interessen effizient ersetzen kann.4
|
| Beispielhaft exerziert wurde dieser Ansatz im Fall der Annexion der
| Halbinsel Krim im Jahr 2014 durch irreguläre Kräfte, welche der
| Russischen Föderation zuzuschreiben sind.
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Das dumme an der Geschichte ist: Eine „Gerassimov-Doktrin“ gibt es gar
nicht, wie dem Text eines der meistgelesenen US-Russland-Experten zu
entnehmen ist:
https://www.ridl.io/en/russia-s-armed-forces-under-gerasimov-the-man-without-a-doctrine/
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| Ironischerweise ist Gerassimow von den Dingen, die Gerassimow getan hat,
| um den russischen Streitkräften einen Stempel aufzuprägen, einzigartig
| berühmt für etwas, das er nie verfasst hat und das es nicht gibt –
| nämlich die „Gerassimov-Doktrin“. Im Jahr 2014 tauchte in der westlichen
| Presse ein irrer Glaube von fast mythischen Ausmaßen einiger
| Russland-Beobachter auf; es konzentrierte sich auf die Vorstellung, dass
| Gerassimow im Februar 2013 einen Artikel verfasste (verfasst hätte), der
| den russischen militärischen Entwurf für Aktionen in der Ukraine und
| Krieg mit dem Westen darlegte.
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| Die „Gerassimov-Doktrin“ war ein kluger Name, der von Mark Galeotti auf
| seinem Bloggeprägt wurde, obwohl er nie meinte, es wörtlich zu nehmen,
| dass Gerassimow eine Doktrin hatte. Im Jahr 2018 veröffentlichte
| Galeotti eine mea culpa, die jede Vorstellung zurückwies, dass
| Gerassimow eine Doktrin habe,angesichts des Ausmaßes, in dem dieser
| Begriff „ein eigenes destruktives Leben erworben“ habe. Leider entkam es
| wie ein Geschöpf in einem Horrorfilm, wurde stärker, lief in politischen
| und militärischen Kreisen Amok und zwang jahrelange Bemühungen unter
| russischen Analysten, es zur Unterwerfung zu zwingen. Diese Bemühungen
| erwiesen sich als Sisyphos-Aufgabe; In der Folge tauchten ganze Theorien
| auf, die eine russische „Chaostheorie“ der politischen Kriegsführung
| gegen den Westen proklamieren, basierend auf dem irrigen Glauben, dass
| der Chef des russischen Generalstabs in der Lage sei, die politische
| Strategie Russlands überhaupt zu diktieren.
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Dazu weitere Texte:
https://inmoscowsshadows.wordpress.com/2014/07/06/the-gerasimov-doctrine-and-russian-non-linear-war/
https://foreignpolicy.com/2018/03/05/im-sorry-for-creating-the-gerasimov-doctrine/
https://vpk-news.ru/articles/14632
Die Autorin, immerhin Professorin an der UniBw-München, hat die
„Diskussion“ im Westen um die Gerasimov-Doktrin schlicht verschlafen,
alles Unsinn. Naja, ist nicht ihr Fach.
Na gut, darin, dass das Internet Einflussmöglichkeiten über die
staatlichen Grenzen hinaus verschafft, hat sie schon recht.
Das ist aber egal, denn es geht um die Folgerungen: Sie wünscht eine
Stärkung der „Resilienz“: „ Dies beinhaltet die Anerkennung einer
weltweiten Bedrohungslage auch für Deutschland und die
Deutschen. … Auch die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr, nicht nur in
puncto Ausrüstung, wird durch soft power-Faktoren erhöht. Die
gesamtgesellschaftliche Anerkennung der Bundeswehr ist in diesem
Zusammenhang der zentrale Pfeiler.“
Bislang manchen die Deutschen da nicht so recht mit.
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| Nimmt man die Gerasimov-Doktrin ernst, stehen die verschiedenen Diskurse
| in Deutschland im eigentlichen Zentrum der Bedrohung. Neben dem Versuch
| der aktiven Gestaltung dieser Diskurse ist es daher essenziell, deren
| Verlauf zu durchdringen und mögliche Wendungen zu antizipieren.
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Die Deutschen folgen dem gegenwärtigen Militär- und Rüstungskurs nicht,
weil Gerasimov ihnen den Kopf verwirrt hat. (Glaubt die Autorin das
eigentlich selbst?)
Folgerung:
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| Strategisches Kommunikationsmanagement: Kommunikation findet immer
| statt; Deutungsrahmen werden immer vergeben. Ohne Auftrag und
| Zielzuweisung versickert aber die eigene, gut gemeinte Kommunikation,
| die tatsächlich eine Resilienz, also einen Wertschöpfungsbeitrag
| erzeugen könnte, ungenutzt. Um der von außen, subtil zersetzend
| wirkenden Kommunikation und ihren realen Folgen etwas entgegenzusetzen,
| braucht es eben nicht mehr, aber auch nicht weniger als „nur“
| Kommunikation. Diese muss sich ihrer Wirkmächtigkeit bewusst sein und
| sich der Deutungshoheit anderer gezielt entgegenstellen. Das bedeutet
| aber gerade nicht, den Gegner mundtot zu machen oder gar zu vernichten,
| sondern vielmehr den Auftrag ernst nehmen, viel deutlicher für eigene
| Positionen werben und diese strategisch legitimieren.
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Tja, den Deutschen soll per Argument beigebracht werden, dass der
gegenwärtige Kurs richtig ist. Aber dieses Das-Richtige-Beibringen
braucht ein „Management“. Frage: Wer soll das machen? Wie zentral soll
das gesteuert werden? Wie soll das gehen? Über welche Medien? Das Dumme
daran dürfte sein: Die Leute könnten es merken, dass ihre Sicht auf die
politischen Dinge gemanagt werden soll.
Leitende Idee dabei:
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| Das wirksamste Mittel, die Widerstandskraft gegen Propaganda zu stärken,
| ist und bleibt der Aufbau von Vertrauen. Das argumentative Werben um
| Akzeptanz, die Anschlussfähigkeit auch an gesamtgesellschaftliche Werte,
| Überzeugungen und Identitäten ist unumgänglich, um Vertrauen
| aufzubauen. Ausweis von Vertrauenswürdigkeit ist das Agieren im
| Diskursraum selbst, gerade unter der Prämisse einer freiheitlichen,
| offenen Gesellschaftsordnung.
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Ärgerlich allerdings, dass die Leute wissen, wer das „Gemeinsame Haus
Europa“ mit Russland nach 1990 nicht wollte, wer es durch die
spannungsgeladene Nato-Osterweiterung gegen Russland ersetzt
hat. Hier kann Vertrauen nur schwierig bis gar nicht erworben
werden. Eigentlich nur bei jenen, die von der deutschen militär- und
außenpolitischen Wende von 2013 (konzipiert in „Neue Macht – Neue
Verantwortung“
https://www.swp-berlin.org/publikation/neue-macht-neue-verantwortung-neue-aussenpolitik/,
einem der katastrophalsten Text der jüngeren deutschen Geschichte)
leben, in ihr Karrierechancen sehen und deshalb sich gerne
„kommunizieren“ lassen.
Was heutzutags alles als Wissenschaft durch die Gegend laufen darf /
rumläuft.
Ein lesenswerter älterer Artikel zur Minderheitenpolitik im Baltikum
https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/arbeitspapiere/Arbeitspapier_FG5_Golbeck_Russland_Balt_Staaten_Minderheiten_2013.pdf
Leider kann der Text auch nicht auszugsweise kopiert werden, auf S. 18
findet sich die Ansage, dass die Berichte zuständiger internationaler
Einrichtungen die russischen Vorwürfe hinsichtlich einer Diskriminierung
russisch-stämmiger Bürger grundsätzlich bestätigen.
US-Zerstörer in der Ostsee
https://twitter.com/KielDolphin/status/1391138569822015496
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| Willkommen der in der Ostsee. Mit 20 Knoten rauscht #ArleighBurke an
| Puttgarden vorbei nach Osten.
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| Die U.S. Navy könnte schon 2021 ihre Arbeitspferd-Zerstörerflotte mit
| einem Laserabwehrsystem bewaffnen.
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| Die Zerstörer der Arleigh-Burke-Klasse wurden einem neuen Bericht
| zufolge als Plattform für den Hochenergielaser und den integrierten
| optischen Blender mit Überwachungssystemen ausgewählt.
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| Der Laser würde eine bestehende Verteidigungsmaßnahme ersetzen, das
| sogenannte Rolling Airframe Missile System, das zum Abfangen und
| Zerstören von Raketen entwickelt wurde, bevor sie ein Schiff
| herausnehmen können.
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Für einen militärtechnischen Laie liest sich das so, als ob die USA die
a2ad-Zone um Kaliningrad in Angriff nehmen.
https://konflikteundsicherheit.wordpress.com/2017/11/24/a2ad-zone-was-verbirgt-sich-hinter-diesem-schlagwort/