Friedenslage am 15.04.2020 (15:43:57)

„Konferenz“ in der FüAk Blankenese
https://www.bundeswehr.de/de/organisation/weitere-bmvg-dienststellen/fuehrungsakademie-der-bundeswehr/konferenz-zu-militaerstrategie-im-fokus-russland-und-afrika-249098

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| Es war die erste Konferenz zum Thema „Militärstrategie“ an der
| Führungsakademie der Bundeswehr. Während der zweitägigen Konferenz
| standen Russland und Afrika im Fokus. Was hat der flächenmäßig größte
| Staat im Osten vor? Wie wirken sich fremde Militärstrategien auf Afrika
| aus? Schaffen es die afrikanischen Staaten, eigene militärpolitische und
| -strategische Ansätze zu entwickeln? Sowohl die Teilnehmenden der beiden
| Generalstabs-/Admiralstabsdienstlehrgänge National sowie International
| als auch Experten aus Wissenschaft, Politik und Forschung sowie
| Studierende besuchten die Tagung. Zwei Tage wurde intensiv über
| Russlands Rütteln an der westlichen regelbasierten Ordnung und über
| Afrika im Aufbruch diskutiert. …
|
| Die Konferenz war direkt in die aktuelle Lehre der Teilnehmenden der
| Lehrgänge Generalstabs-/Admiralstabsdienst National (LGAN) und
| International (LGAI) eingebunden. …

Es ging also auch um „Politische Bildung“. Man liest immer wieder, dass
für „Politische Bildung“ in der Bw der „Beutelsbacher Konsens“
gilt. Dann müssten, was die politische Dimension angeht, den
Lehrgangsteilnehmern divergierende, gar gegensätzliche politische
Perspektiven angeboten werden. Danach sieht es aber, schaut man die
diversen Referent an, aber nicht aus.

|
| „Strategisches Denken ist immer politisches Denken“ – das war ein Satz,
| der relativ früh fiel und der wie ein Credo über den Diskussionen
| schwebte. Ziel der Tagung war es, nationale und multinationale
| politische Zielsetzungen und deren Umsetzung in militärstrategische
| Ansätze in ihren Auswirkungen und Ableitungen bis in die taktische Ebene
| hinein zu betrachten.

Nun hängen natürlich militärische Strategien an politischen Analysen
und Strategien. Jede militärische Strategie setzt politische
Sichtweisen, Annahmen und Zielsetzungen voraus. Aber sie ist nicht mit
ihr identisch. Eine militärische Konzeption, die den (möglichen) Feind
im Osten sieht, setzt voraus, dass die Politik dort mindestens einen
Kontrahenten identifiziert hat. Ein Berufsmilitär befindet sich also in
der misslichen Lage, dass er sein Berufsleben auf die Richtigkeit einer
politischen Sicht setzt, die falsch sein könnte. Er ist deswegen auf
alles angewiesen, das diese politische Sicht bestätigt. Die Erziehung
des Soldaten muss sich also nicht nur mit seinen militärischen
Fähigkeiten beschäftigen, sondern auch mit seiner
politisch-ideologischen Eingliederung. Es ist deshalb folgerichtig, wenn
die inhaltlichen Angebote für die politische Bildung von Soldaten so
gewählt werden, dass eine Hauptrichtung mit möglichen Variationen und
Seitenarmen angeboten wird. Das ist dann zwar nicht „Beutelsbach“,
könnte aber so erscheinen.

Noam Chomsky zu solchen Inszenierungen:

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| Der schlaueste Weg, Menschen passiv und gehorsam zu halten, ist, das
| Spektrum an akzeptabler Meinung streng zu beschränken, aber eine sehr
| lebhafte Debatte innerhalb dieses Spektrums zu ermöglichen – sogar die
| kritischeren und die Ansichten der Dissidenten zu fördern.
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|
| Am ersten Tag wurde ausschließlich über Russland
| diskutiert. Prof. Dr. Joachim Krause, emeritierter Professor für
| Internationale Politik am Institut für Sozialwissenschaften der
| Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und Direktor des dortigen
| Instituts für Sicherheitspolitik, hielt dazu die Keynote. …

Naja, da kann eine entschiedene integrierte Initiative erwartet
werden, die dann auch leicht mal ermäßigt werden kann, damit Vielfalt
gezeigt werden kann.

| Fest stand für die Experten, dass Russland nicht an einem offenen Krieg
| interessiert sei – es bevorzuge vielmehr das Schüren kleinerer Konflikte
| und hybrider Vorstöße, um seine Nachbarn zu de-stabilisieren und den
| russischen Einflussbereich zu sichern. Nun sei die Frage, wie man diesen

Täglich im Baltikum zu sehen. Oder?

| Risikokalkulationen entgegentreten könne, um dem militärstrategischen
| Spiel Russlands begegnen zu können. Die daraus resultierende Gefährdung
| durch Russland wurde dabei als hoch eingestuft. Der Verlust auch nur
| eines baltischen Staates könnte die Kohäsion des nordatlantischen
| Bündnisses insgesamt in Frage stellen. Einer der Experten erklärte mit
| Blick auf die baltischen Staaten aber auch, dass Abschreckung nur dann
| helfe, wenn sie auch als solche empfunden werde. „Wir wissen aber nicht,
| ob unsere Maßnahmen Russland tatsächlich abschrecken“, sagte er. …

Zumal wir gar nicht wissen, ob Russland überhaupt interessiert ist,
Abschreckung also ins Leere läuft, nur im Kopf der Abschreckenden
stattfindet, während andere sich ob der Unvernunft des Abschreckenden
besorgt den Kopf kratzen.

|
| Bei Russland sei somit zu beobachten, dass es sich immer weiter von
| internationalen Normen und internationalem Recht entferne. Den Umgang

Das konnte man insbesondere sehen, als Jugoslawien zerlegt wurde, als
Afghanistan und der Irak besetzt wurden, als es sich um einen
RegimeChange in Kiew bemühte. – Oder war das anders?

| des Westens mit Russland seit der Auflösung der Sowjetunion habe das
| Land als Demütigung empfunden. Das Militär und die militärpolitische
| Strategie spielen bei der Rückkehr an den Tisch der Großmächte eine
| wichtige Rolle. „Russland ist mächtig, unvorhersehbar und gefährlich“,
| wurde angeführt. …
|
| Auch über die politische Dimension von Militärübungen wurde
| diskutiert. Militärübungen dienen auf der einen Seite als
| Rückversicherung für Verbündete und auf der anderen Seite als
| Abschreckung. „Das Risiko von Zwischenfällen und einer Eskalation ist
| aber immer da“, sagte eine Expertin.

Aber bei Def20 ist das sicher nicht so. Da hat man alles im Griff.

| Eine weitere Frage, über die
| diskutiert wurde, betraf die russische Anti Access/Area Denial-Strategie
| am Beispiel der Exklave Kaliningrad. Welche Bedrohung gehe davon für die
| NATONorth Atlantic Treaty Organization aus? Die Einschätzungen waren
| unterschiedlich. Die Möglichkeit der Lufterfassung und -bekämpfung könne
| die baltischen Staaten unter Umständen von den anderen NATONorth
| Atlantic Treaty Organization-Staaten abkapseln. Allerdings behauptete
| ein Teilnehmer, dass der taktische Wert dieser Luftvereidigungstechnik
| nicht von so großem Wert sei, wie es überall publiziert und intoniert
| werde. Indes beschäftige diese Luftverteidigungstechnik die NATONorth
| Atlantic Treaty Organization auf strategischer Ebene sehr wohl. Auch die
| strategische Informations- und Desinformationskampagnen aus dem
| russischen Raum wurden besprochen und durch eine Expertin analysiert und
| dargestellt.

Wobei sicher auch über die mangelhafte Qualität der Arbeit von
EUvsDisinfo geklagt wurde.
https://friedenslage.blogspot.com/2020/04/friedenslage-am-03042020-210609.html

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Antworten von Prof. Krause
https://www.bundeswehr.de/de/organisation/weitere-bmvg-dienststellen/fuehrungsakademie-der-bundeswehr/russland-und-seine-grossen-militaerstrategischen-veraenderungen-249140

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| Die Übungen Zapad 2013 und 2017 waren klare Signale an den Westen, dass
| Russland in der Lage ist, die baltischen Staaten und Teile Polens in
| relativ kurzer Zeit zu besetzen und dass es auch darauf vorbereitet ist,
| eine Offensive der NATO zur Rückeroberung dieser Länder abzuwehren – bis
| hin zum Einsatz von Kernwaffen.

Das Szenario der Manöver war zwar anders, aber das kann man ja
interpretieren, wie immer man möchte. Nur: dass in diesen Manövern der
Kernwaffeneinsatz geübt wurde, scheint das Internet nicht herzugeben. Da
wäre ich für Hinweise dankbar.

| Diese Signalwirkung hat vor allem in den
| skandinavischen Ländern ihre Wirkung nicht verfehlt. In vielen
| NATO-Ländern, besonders in Frankreich und in Italien, wird diese
| Entwicklung weitgehend ignoriert und auch bei uns ist die Bereitschaft
| in der Politik gering, sich damit auseinanderzusetzen.
|
| Russland stellt wieder eine militärische Bedrohung dar, wenngleich diese
| ungleich kleiner ist als zu Zeiten des Kalten Krieges und regional
| begrenzt bleibt (auf das Baltikum und die Ukraine, Moldawien und den
| Schwarzmeerbereich). Wir müssen uns aber damit auseinandersetzen, dass
| Russland konkrete Planungen für regionale Kriege an seiner Peripherie
| trifft, die nur von Russland aus initiiert werden können.

In Georgien war es ein von den USA gestützter Präsident, der, als er
seine Truppen losschlagen ließ, wohl auf mehr Unterstützung gehofft hat,
als er dann bekam. Und die Krim verlor die Ukraine, als deutlich schien,
dass die Nato nach Sewastopol greifen wollte. Die Initiative ging beide
Male vom Westen und seinen Verbündeten aus. Aber das waren sicher
Irrtümer.

| Diese Botschaft ist in der deutschen Politik noch nicht angekommen.

Das hat den einfachen Grund, dass diese Botschaft keinen Halt in den
realen Dingen hat. Deutlicher gesagt: Es handelt sich im Spinnkram.

| Hier
| herrscht die Vorstellung vor, man müsse Putin entgegenkommen oder nur
| mit ihm reden, dann würden sich alle Probleme lösen lassen. Angesichts
| der Tatsache, dass die Aggressivität der Politik der russischen
| Regierung ihre Ursache in innenpolitischen Legitimitätsproblemen hat,
| ist die Aussicht gering, alles am diplomatischen Tisch lösen zu
| können. Bisher haben die entsprechenden Initiativen auch nichts
| erbracht, weder durch die deutsche Bundeskanzlerin, den amerikanischen
| Präsidenten noch den französischen Präsidenten.
|
| Die NATO wird reagieren und auf eine begrenzte Bedrohung eine begrenzte
| und bedachtsam vorgenommene Abschreckungskulisse zeitnah aufbauen
| müssen. Zudem müssen die westlichen Länder eine Strategie der
| nicht-militärischen „“ entwickeln, denn die
| bisher verhängten Sanktionen bewirken wenig. Diplomatie hat nur dann
| wieder eine Chance, wenn wir sie mit entsprechenden machtpolitischen
| Hebeln unterstützen können.
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Was ist die „Coercive diplomacy“, die Krause vorschlägt?
https://en.wikipedia.org/wiki/Coercive_diplomacy

,—-Google Translate
| Zwangsdiplomatie oder „gewaltsame Überredung“ ist der „Versuch, ein Ziel,
| einen Staat, eine Gruppe (oder Gruppen) innerhalb eines Staates oder
| einen nichtstaatlichen Akteur zu erreichen, um sein anstößiges Verhalten
| entweder durch die Androhung von Gewaltanwendung oder durch den
| tatsächlichen Einsatz zu ändern von begrenzter Kraft „. [1] Dieser
| Begriff bezieht sich auch auf „Diplomatie, die den Einsatz oder die
| drohende Anwendung militärischer Gewalt zur Erreichung politischer Ziele
| voraussetzt“. [2] Zwangsdiplomatie „ist im Wesentlichen eine
| diplomatische Strategie, die sich eher auf die Androhung von Gewalt als
| auf die Anwendung von Gewalt stützt. Wenn Gewalt zur Stärkung der
| diplomatischen Überzeugungsbemühungen eingesetzt werden muss, wird sie
| vorbildlich und in recht begrenzter Form eingesetzt militärische
| Maßnahmen, um Entschlossenheit und Bereitschaft zu demonstrieren,
| erforderlichenfalls zu einem hohen Maß an militärischen Maßnahmen zu
| eskalieren „. [3]
|
| Zwangsdiplomatie kann klarer beschrieben werden als „eine
| politisch-diplomatische Strategie, die darauf abzielt, den Willen oder
| die Anreizstruktur eines Gegners zu beeinflussen. Es ist eine Strategie,
| die Gewaltdrohungen und erforderlichenfalls den begrenzten und
| selektiven Einsatz von Gewalt in diskreten und kontrollierte Schritte in
| einer Verhandlungsstrategie, die positive Anreize beinhaltet. Ziel ist
| es, einen Gegner zu veranlassen, seinen Forderungen nachzukommen oder
| den günstigsten Kompromiss auszuhandeln, während gleichzeitig die Krise
| bewältigt wird, um eine unerwünschte militärische Eskalation zu
| verhindern. „[4]
|
| Im Unterschied zur Abschreckungstheorie, die eine Strategie ist, die
| sich an Gegner richtet, um sie von einer noch nicht eingeleiteten Aktion
| abzubringen, beinhaltet die Zwangsdiplomatie Bemühungen, einen Gegner
| davon zu überzeugen, eine Aktion zu stoppen oder umzukehren. [5] Ihre
| zentrale Aufgabe ist es, „im Gegner die Erwartung von Kosten zu
| schaffen, die ausreichen, um seine Motivation zu untergraben, das
| fortzusetzen, was er tut“. [6] Zwangsdiplomatie versucht, Gewalt zu
| einem viel „flexibleren, verfeinerten psychologischen Instrument der
| Politik zu machen, im Gegensatz zu der“ schnellen, entscheidenden
| „Militärstrategie, bei der Gewalt als stumpfes Instrument eingesetzt
| wird“.
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Konkret heißt das: Russland mit militärischen Mitteln, mindestens ihrer
unmittelbaren Androhung, zu zwingen, die Krim wieder zu verlassen oder
Kaliningrad aufzugeben oder sich aus Syrien zurückziehen oder oder
… Gewisslich alles in friedensfördernder Absicht. Und da Russland nach
der Erzählung dieser Experten sehr schnell bereit ist, Atomwaffen
einzusetzen, ist das, ins Handfeste übersetzt, die Forderung nach
Androhung des Einsatzes von Atomwaffen, wenn Russland nicht dem
Ultimatum nachkommt, aber einer solchen Drohung, die Russland
unmittelbar glaubt.

Das Erzählen solch skurrilen Unsinns Typ Krause ist hierzulande
gestattet. Auch in einer Veranstaltung der FüAk Bw sollte das möglich
sein. Allerdings müsste ein an Demokratie orientiertes didaktisches
Konzept es den Teilnehmern ermöglichen, sich damit kritisch auseinander
zu setzen. Und das geht nur, wenn klipp-und-klare Gegenpositionen in der
Veranstaltung präsent sind. Legt man den Bericht von der Veranstaltung
zugrunde, war das nicht der Fall. Ihr Kern: Indoktrination,
weltanschauliche Erziehung des Nachwuchses der leitenden Offiziere in
einem Geist, der sie für eine friedliche Außenpolitik, wie sie zum
Beispiel die Verfassung der Freien und Hansestadt vorsieht, auf deren
Gebiet die FüAk liegt, unbrauchbar macht. Deren Präambel sagt:

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| Die Freie und Hansestadt Hamburg hat als Welthafenstadt eine ihr durch
| Geschichte und Lage zugewiesene, besondere Aufgabe gegenüber dem
| deutschen Volke zu erfüllen. Sie will im Geiste des Friedens eine
| Mittlerin zwischen allen Erdteilen und Völkern der Welt sein.
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Denn jedem Offizier, der die FüAk verlässt, ist nun klar (gemacht
worden; etliche dürften diesen Unsinn nur im Modus des Doublespeak
mitmachen): Egal ob Kommunist oder Kapitalist, der Russe an sich ist
bösartig. Das muss an seinen Genen liegen oder an sonstwas, das in der
DNA dieses Volkes liegt.

Das Russland-Bild, das auf dieser „Konferenz“ vermittelt wurde, hat in
der FüAk jedoch Tradition. Beim „Tag der Bundeswehr“ 2018 stand obiges
Schild vor dem Eingang des Hauptgebäudes: Hitlers Planer des Kriegs
gegen Russland als neuer Generalinspekteur der Bw.